04.04.2002  Wir erkunden Nyaungshwe und erleben den Inle See

Nach dem Frühstück erkunden Dieter und ich den Ort. Zunächst ist da der Markt; selbst am späten Vormittag ist noch viel Betrieb hier und wir müssen uns durch die Auslagen und Menschen hindurch schlängeln, dabei auf die niedrig gespannten Zeltplanen achten, die den grosszügigen Platz vor der prallen Sonne schützen. Es ist schwer, alles zu sehen – neugierig wie wir sind achten wir darauf, dass uns nichts entgeht: auf der einen Seite türmen sich kleine Berge von Tee, daneben liegen getrocknete und frische Chilischoten nebeneinander, umrahmt von Kohl und sonstigem Gemüse – alles frisch und in strahlenden Farben. Am nächsten Stand finden wir Zigarren, Zigaretten und alles was dazugehört und ein Stückchen weiter Süssigkeiten in aller Form. Die Stände bestehen meist aus einer auf dem blanken Boden ausgebreiteten Matte, auf der die Waren in wunderschöner die Augen ansprechenden Art und Weise ausgelegt ist. Wie immer auf einem solchen Markt könnte man denken, dass die Menschen hier alles im Überfluss haben, aber es steckt immer ein hartes und entbehrungsreiches Leben dahinter und oft muss sich eine ganze Familie von dem ernähren, was in den wenigen Stunden hier verkauft werden kann.
In Nyaungshwe steht der aus Teakholz und Backstein errichtete Shan-Palast oder auch Yaungshwe Haw Museum; hier hat der 33. und letzte Shanherrscher (Sawbwa = Herrscher) Sao Shwe Thaike seinen Palast (=Haw) errichtet; 1948 wurde er der erste Präsident von Myanmar und nach der Machtübernahme von Ne Win verhaftet – er starb im Gefängnis. Besichtigt haben wir ihn nicht, dafür sind wir in die Yadana Man Aung Paya gegangen – den berühmten Schrein, in dem wir diehinter Glas stehendenzwei Figuren mit den Namen „Du wirst alt werden“ und „Du wirst krank werden“ gleich erkannt haben, aber auch hier war es den „Ladies not allowed“, sich dem hier stehenden Buddha auf mehr als 5 Meter zu nähern. Viele Gemälde und die künstlerisch verzierten Fenster sind gut erhalten und lassen sich in angenehmer Temperatur in aller Ruhe besichtigen. Die Malereien sind farblich gut erhalten und erinnern uns ein wenig an das, was man bei uns naive Malerei nennt. Gleich hinter der Paya ist eine kleinere Fahrradreparaturwerkstatt und in liebevoller Kleinarbeit und Improvisation werden hier Schläuche vulkanisiert, Speichen gesteckt und Rahmen wieder gerade gebogen – Handarbeit in ihrer ursprünglichsten Form. Gegenüber ist ein kleines Restaurant und hier essen erstmal einen wunderbaren Obstsalat.
Auf dem Weg zurück zu unserem Hotel sehen wir schon „unseren“ Bootsmann und wir fragen nach einer Tour auf den See hinaus. Nach dem, was wir schon alles über den Inle See gelesen und auch im Fernsehen gesehen haben, sind wir schon sehr neugierig, das alles live zu erleben. Der kleine Dynamiker zeigt auch gleich auf eines seiner flachen Boote mit der typischen langen Antriebsschraube. Kaum haben wir es uns ein wenig gemütlich gemacht, geht´s auch schon los. Die erste Station ist der Big Buddha.

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An einer seichten Stelle legen wir an und wandern wenige Meter über die Befestigungen eines Reisfeldes, da sehen wir auch schon die Statue: ein riesiger Buddhakopf schaut ins landesinnere, es sieht aus, als wolle er die Reisfelder bewachen, die hier zu seinen Füssen liegen. Grün in jeder nur erdenklichen Abstufung ist hier zu sehen und wir haben die Gelegenheit, die Reisbauern bei ihrer mühseligen Arbeit zu beobachten:

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hier wird Setzreis geerntet – junge Reissprösslinge, die in kleinen Bündeln mit einer Handsichel abgemäht und in ein neues Reisfeld gesetzt werden, um hier zur vollen Ähre zu reifen.
An jeder Seite des Buddhas können wir beim Rückweg kleine Figuren aus Stein erkennen – das sind die Nats – die Geister, die neben Buddha auch noch ein hohes Ansehen geniessen und von der Bevölkerung verehrt werden. Es kann ja nichts schaden, mehreren Göttern zu dienen, oder?
Bevor wir wieder ins Boot steigen, können wir noch einen der wunderschönen Wasserbüffel bewundern; unser Bootsmann klettert auch gleich hinauf und spielt den Reiter, ein perfektes Fotomotiv! Ich bin dagegen etwas vorsichtiger und traue mich nicht, aber streicheln tue ich ihn dann doch, seine Nüstern sind so weich wie die eines Pferdes und die Augen blicken sanft in die Kamera, die Dieter natürlich gleich parat hat. Mit ihrer Masse sind diese Tiere doch im Wasser ausserordentlich beweglich und schwimmen mit interessiertem Blick langsam am Ufer des kleinen Zubringerkanals entlang. Die Büffel sind das Kapital der Inthas und selten hat mich ein Tier so fasziniert, sie machen einfach einen so sanften Eindruck und schauen immer ganz lieb in die Gegend, sind dabei gar nicht scheu!
Wir passieren auch die Orchideenfarm, wollen aber hier nicht anhalten und lieber gleich weiter zum See fahren. Und dann liegt er vor uns: der Inle See! Das Wasser ist absolut klar und manchmal nur etwas mehr als 1,5m tief, die Wasserhyazinthen wachsen aufgrund der zunehmenden Verschmutzung schneller, als sie von den Inthas beseitigt werden können und so sind Frauen, Kinder und sogar ganze Familien auf dem See unterwegs, um das Netzwerk an Kanälen und damit die eigentlichen Verkehrswege frei zu machen. Bergeweise transportieren sie mit ihren kleinen Booten die Pflanzen ab, die sie aus dem See fischen und versorgen, damit auch die schwimmenden Gärten. Wir sehen mehr Ein-Bein-Ruderer als wir filmen können, aber wir lassen uns keinen entgehen – irgendwo ist da genau das Bild dabei, das perfekt ist!
Mitten im See liegt das Inleh Bo Teh (Inleh = in der Mitte von, Bo = der Beamte, Teh = Haus) – Haus des Beamten in der Mitte des Sees, da der Inle See so seicht ist und das Wasser klar und kühl, lädt dieser Platz zum Schwimmen ein, leider haben wir keine Badesachen dabei! In grossen abgetrennten Bassins schwimmen riesige Fische – Karpfen! Sie werden bei jeder Gelegenheit von den Touristen und den Einheimischen mit Popkorn gefüttert und wahrscheinlich an die am See liegenden Hotels verkauft.
Zurück fahren wir durch die schwimmenden Gärten und können sehen, wie hier Tomaten, Gurken, Bohnen und uns unbekanntes Gemüse gedeiht; manches sieht aus wie Hopfen, aber das kann wohl nicht sein. In der Orchideenfarm, die wir dann doch noch besichtigen müssen, zeigen uns die Mitarbeiter, wie der Boden der schwimmenden Inseln „gezüchtet“ wird; den Grundstock bilden die Hyazinthen, darauf werden dann Morast und Pflanzen aus dem See gesammelt und nach einigen Wochen ist ein Stück „schwimmender Garten“ fertig und wird mit Leinen an einem bereits bestehenden Stück festgezurrt – so vergrössern sich einerseits die Inseln und die Wasser- und damit Verkehrswege bleiben frei.
Abends erzählen wir – wieder beim Inder – den beiden Mädels davon und am nächsten Tag wollen wir zusammen mit einer jungen Burmesin, die die beiden kennengelernt haben, eine weitere Tour zu machen. Dabei wollen wir auch die Goldene Ente besichtigen und den schwimmenden Markt in Ywama.

 
05.04.2002  Hintha Shwe und Ywama – der schwimmende Markt

Zusammen mit Sabine und Astrid treffen wir uns an der Brücke mit der jungen Burmesin, die uns auf unserem Ausflug begleiten soll. Sie hat das Boot und den Fahrer organisiert und führt uns zur Anlegestelle, wo das Boot auch schon wartet. Jetzt sollen wir erstmal 5 FEC bezahlen, so eine Art Eintrittskarte für den Inle See; angeblich muss jeder, der auf den See hinausfährt, diesen Obulus entrichten. Dieter und ich wollen das erst nicht machen, schliesslich sind wir gestern auch ohne zu zahlen auf den See hinaus gefahren und unser Bootsmann hätte uns das doch bestimmt auch gesagt, aber weil Sabine und Astrid zahlen wollen, machen wir eben auch mit und erhalten den üblichen kleinen Zettel, unser Ticket.
Das Wetter ist wie schon die ganze Zeit über optimal, die Sonne scheint, aber die Temperaturen sind sehr angenehm und auf dem Wasser ist ohnehin viel Wind, so können wir auch diese Tour nutzen, um ein wenig Farbe zu bekommen. Die Fahrt ist traumhaft, der Inle See liegt vor uns im Sonnenlicht, wir können die leicht verschleierten Shan-Berge sehen, hinter denen sich der Norden Thailands befindet und unzählige Ein-Bein-Ruderer zeigen uns ihr Können. Durch die relative Höhe und die klare unverschmutzte Luft kommt es uns vor, als wären wir Komparsen für ein Postkartenfoto. Wir fahren durch einige Seitenarme der Kanäle und beobachten, wie die Inthas ihre Felder auf dem See bestellen; mühselig werden die Zufahrtswege vom Schlick befreit und überflutete Gärten per Hand entwässert. Die ganze Familie arbeitet mit, auch die Kinder. Wenn man so gemütlich im Boot an diesen Szenen vorbeifährt, vergisst man schnell, wieviel Arbeit in der Erschliessung und Erhaltung der schwimmenden Gärten liegt.
Wir fahren fast bis ans andere Ende des Sees und kommen dann nach Ywama, wo wir mitten im schwimmenden Markt landen.
Die eigentlichen, echten Märkte routieren in regelmässigen Abständen in den Dörfern rund um den See; hier in Ywama ist immer Markt und hunderte von Booten mit meist Frauen bieten die Handarbeiten, Silber- und Holzschmuck, Essen in jeder Form, ja sogar Benzin an. Wir können uns kaum retten vor all den Händlern, die uns förmlich einkreisen, Ware wird über unsere Köpfe hinweg kreuz und quer hinübergereicht und das Feilschen gehört dazu – Sabine wird weich und ersteht ein schwarzes Top, das noch dreimal getauscht wird, bis die Grösse die Richtige ist. Langsam kämpfen wir uns durch das Rudel Boote hindurch, um direkt hinter dem Markt an einer Holzanlegestelle anzuhalten. Hier sollen wir uns den Silberschmuck und dessen Fertigung ansehen – wahrscheinlich bekommt die junge Burmesin, die uns begleitet, Prozente, falls wir hier was kaufen.
Wir schauen uns an, mit welcher Präzision und Fingerfertigkeit die feinen Ziselierarbeiten ausgeführt werden, es ist schon beeindruckend, mit welch einfachen Mitteln so wunderschöne Schmuckstücke hergestellt werden, aber es ist nichts dabei, das ich unbedingt hätte haben müssen. Ausser Astrid, die einen schönen Jadearmreifen gefunden hat, hat sonst niemand etwas gekauft und wir fahren schnell weiter zur Phaung Daw U, der heiligsten Stätte im Süden des Shan Staates.
Im Mittelpunkt des zweistöckigen Heiligtums stehen fünf vergoldete Statuen, von den drei Buddha und die beiden anderen Arahat (historische Schüler Buddhas) darstellen sollen.

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Die Blattgoldschicht auf den Statuen ist so dick, dass man nicht mehr erkennen kann, was sie eigentlich darstellen (sie sehen aus wie kleine dicke zusammengestauchte Hanteln) – und die Schicht wird jeden Tag dicker, denn die Männer, die hier mit einem Blattgoldplättchen ihre Verehrung Buddhas bezeugen (Frauen haben wieder einmal keinen Zutritt und können die Statuen nur aus fünf Meter Entfernung betrachten), ihre Plättchen an den Statuen befestigen. Hier finden wir auch die Barke des Shwe Hintha, des Goldenen Schwans oder Ente; als Gallionsfigur hat sie eine riesige goldfarbene Ente und auf ihr werden zum Phaung Daw U Fest vier der fünf Statuen an 20 Festtagen rund um den See gefahren.
Als nächstes Ziel unseres Ausflugs besichtigen wir das Kloster der springenden Katzen (Nga Phe Kyaung). Die Mönche, die hier leben, haben die vielen Katzen trainiert, durch Ringe zu springen und aufgrund dieser Vorführungen können sich die Mönche durch die Spenden der Touristen einige extra Kyat verdienen.
Den Abschluss unseres Boottripps bildet der Besuch des Inleh Bo Teh, wo Dieter und ich ja gestern schon waren. Die Mädels besichtigen die riesigen Fische, während wir es geniessen, wenigstens mit den Füssen mal im Inle See gewesen zu sein, das Wasser ist herrlich kühl und ganz klar.
Kurz vor Beginn der Abenddämmerung fahren wir wieder zurück und alle sind sich einig, das war ein wunderschöner Tag auf dem See und wir hatten die Gelegenheit, das Leben und Treiben in aller Ruhe betrachten zu können.

 
06.04.2002  Die Radtour

Der letzte Tag am Inle See. Wir beginnen ihn mit einem genussvollen Frühstück und Dieter organisiert danach bei unserem Bootsführer vier Fahrräder; gegen Mittag wollen wir zum Inle Spa radeln, das im Hinterland liegt und dort baden. Dazu brauchen wir Longhis, so stehts in unseren Reiseführern und weil wir die nicht haben, ist erstmal ein Besuch im Dorf angesagt. In einem der vielen Läden suchen wir uns zwei entsprechende Stoffe aus und die Longhis werden hier gleich an Ort und Stelle passend genäht. Anschliessend werden Dieter und ich im richtigen Binden geschult, das will gelernt sein! Und erst nachdem wir jeder ein paarmal beweisen müssen, dass wir die Technik beherrschen, dürfen wir gehen.
Die Zeit, bis unser Driver kommt, überbrücken wir mit Karten- und Tagebuchschreiben und natürlich beobachten wir das Treiben am Kanal.

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Plötzlich springt Dieter auf und macht die Kamera fertig: eine Prozession! Das ganze Dorf kommt an unserer Veranda vorbei, jeder ist schön geschmückt und mittendrin ist auch eine Sänfte zu sehen. Als sie an uns vorbeikommen, stellen wir dann fest: das ist ein Trauerzug! Wir machen dennoch Aufnahmen, denn die Farben sind einfach zu prächtig!
Pünktlich zur vereinbarten Zeit stehen die Räder samt unseres Führers am Hotel. Sie sind ein wenig gewöhnungsbedüftig und bei Dieters Rad fällt später in regelmässigen Abständen einfach die Pedale ab, aber wir beissen die Zähne zusammen und fahren los. Es geht bergauf, über Schotterwege, teilweise ist der Weg auch mal asphaltiert, aber meistens fahren wir über staubige Feldwege. Und dann stehen wir plötzlich vor dem Inle Spa. Es ist vor drei Jahren gebaut und besteht aus zwei grossen Badebereichen, je einer für Männer und für Frauen. Wir können sogar mit normalen Badeanzügen in das grosse Becken, weil wir ganz allein hier sind; der gesamte Komplex ist völlig leer. Dieter hat ein kleines Bad für sich allein. Das Wasser ist brandheiss und bei uns besteht keine Möglichkeit, kaltes Wasser hinzufliessen zu lassen, während bei Dieter ganz normale Hähne installiert sind. Ich bade nur meine Füsse und auch Sabine ist für das feuchte Nass nicht zu haben, aber Astrid hat es gründlich genossen.
Nach diesem kleinen Abenteuer führt uns unser kleiner Bootsmann in ein Inthadorf, wo wir sehen, wie Tofu gekocht und getrocknet wird;

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später werden wir zum Essen eingeladen und das ganze Dorf steht um uns herum, während wir Bonbons und Kugelschreiber verteilen, um uns für die Gastfreundschaft zu bedanken.
So langsam haben alle die Nase voll und wollen eigentlich nach Hause, aber unser Mann führt uns noch ein wenig wenig weiter zum grossen Hotel am Ende des Inle See, wo wir von oben einen wunderbaren Blick über den ganzen See haben. Hier machen wir noch einmal eine kurze Rast, sammeln ein paar Tamarindenfrüchte und treten dann die Heimfahrt an. Nun geht es meistens bergab und daher ist es nicht ganz so schlimm, aber mir reicht das Radfahren auch, ich schwöre schon mal, den Rest des Urlaubs nicht mehr auf ein Fahrrad zu steigen!
Das letzte Stück über den Schotter ist das schlimmste, der Weg ist nur ganz schmal und ist man einmal abgestiegen, kommt man nur noch weiter, wenn man schiebt. Irgendwie schaffe ich es aber und fahre mit Astrid schon mal zurück zum Hotel, Dieter ist noch damit beschäftigt, wunderschöne Aufnahmen von dem Dorf zu machen, das jetzt noch in der Sonne liegt und Szenen des täglichen Lebens zeigt.
Als die anderen dann auch kommen, trinken wir erstmal zusammen ein Bier und fluchen auf die Räder, aber eigentlich sind wir uns dann doch einig: es war doch sehr schön und immerhin haben wir ein wenig Sport betrieben und uns bewegt!
Während Dieter nach unserem Bier nochmal zu Fuss und mit Kamera die Gegend erkundet, setzen wir Mädels uns ins Abendlicht und beobachten, wie die Sonne hinter den hohen Bergen des Shan-Gebirges versinkt und plötzlich alles in tiefe Schatten hüllt.

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Morgen fahren wir nach Heho und von dort fliegen wir nach Thandwe, um am Strand von Ngapali die nächsten 10 Tage einfach nur Sonne und Meer zu geniessen.

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