Die Stadt South Lake Tahoe liegt am gleichnamigen See ganz in der Nähe der Stadt Carson, der Spieler­stadt aus unzähligen Western. Unser Motel6 hat den üblichen Standard, ist aber ungleich größer als unsere bisherigen Unterkünfte. Das liegt zum einen daran, daß der Lake Tahoe ein wunderschöner See inmitten der Berge ist und damit ein ideales Erholungsgebiet darstellt, zum anderen ist das gesamte Gebiet im Winter ein perfektes Skigebiet. Martin übernachtet hier, wenn er in Kirkwood zum Skilaufen geht.
Jetzt am frühen Morgen ist es auch hier hundsgemein kalt, aber dann schmeckt die Zigarette ja am besten. Ich hole mir einen heißen Kaffee und genieße die Ruhe, schaue mich schon ein wenig um und begutachte die Eisblumen auf unseren Autoscheiben. Als Dieter und Martin dann auch fertig sind, gehen wir zum Früh­stücken in einen Donutshop – was soll ich sagen: Blaubeermuffin und Applefried. Direkt gegenüber ist das Grocery Outlet, ein riesiger Lebensmittelladen mit Billigpreisen – hier decken wir uns für den Tag ein – klar: Tacos, Würstchen, Spinat, Wasser, Bier – und kaufen auch ein paar Mitbringsel wie Schokolade, Lachs, getrocknetes Beef, das wollte ich immer schon mal probieren. Dann füllen wir noch wie immer unsere Coffe­Cups auf, checken aus und fahren zum Lake Tahoe.
Unser erster Stop ist der Inspiration Point, von dem wir einen herrlichen Blick auf den See haben und die kleine Insel mit der Burg sehen können. Martin versucht sich im Golfen, aber nicht mit Bällen, sondern mit riesigen Pinienzapfen. Eigentlich suchen wir aber den Emerald Bay, eine wunderschöne Bucht mit Kiess­trand. Wir halten auf dem großen Parkplatz und spazieren gemütlich den Weg am Berghang runter bis zum See. Der See ist spiegelglatt und strahlt eine wunderbare Ruhe aus. Martin sucht sich ein Plätzchen am Wasser, Dieter und ich laufen langsam am Ufer entlang; und auch hier: es ist geradezu unheimlich ruhig und friedlich hier, wir können uns aber sehr gut vorstellen, daß das hier im Sommer ganz anders zugeht, wenn man hier Baden, Bootfahren oder einfach nur in der Sonne liegen kann. Dieter nimmt einen großen Pinien­zapfen mit und wir wandern wieder langsam den Berg hinauf zum Auto.
Wir fahren auf die Berge zu und sind am Überlegen, welcher Paß wohl noch befahrbar oder bereits wegen eventueller Schneefälle schon gesperrt ist. Bisher haben wir noch keine Sperren gesehen und sind guter Dinge. Die Landschaft ähnelt jetzt sehr meinem Kahlen Pöhn, dem Hausberg, den Papa und ich immer zum Wandern oder im Winter zum Rodeln aufgesucht haben. Auch hier sieht es nach Heideland aus und weil das Wetter einfach super ist, halten wir im Hope Valley und gehen Hiken (oder auf gut Deutsch: Wandern).
Martin und ich schultern unsere Rucksäcke, Dieter übernimmt seinen CoffeCup und dann geht´s querfeldein hinein in die Landschaft. Soweit – so gut. Ein schon größerer Bach zwingt uns zunächst zum Anhalten – was tun? Der Bach ist gut 8 Meter breit und das Wasser ist eiskalt, allerdings höchstens knöcheltief. Gehen wir rüber oder…Martin nimmt uns die Entscheidung ab, zieht kurzerhand Schuh und Socken aus und ist schon fast am anderen Ufer, bevor Dieter und ich überhaupt begreifen, was er da macht. Mit fast schmerzverzehr­tem Gesicht ruft er uns herüber, daß es überhaupt kein Problem ist, nur das Wasser sei saukalt. Ich bin am Zögern, nicht wegen der Kälte, aber ich befürchte, auf den klitschigen Steinen auszurutschen und mitsamt meinen Papieren, Fotoapparat und Filmkamera und mir selbst im Wasser zu landen. Martin springt auf und will mir helfen und meinen Rucksack nehmen, aber da trifft er natürlich meinen Stolz und zack! sind auch meine Schuhe und Socken ausgezogen, die Hosenbeine hochgekrämpelt und ich steh im Bach. Langsam geh ich rüber und es ist auch ganz in Ordnung, nichts ist klitschig, nur tun auch mir die Füße weh vor Kälte, als ich am anderen Ufer ankomme. Oh weh, ich vermute, ich bin leicht zu manipulieren…Dieter überquert auch souverän den Bach und wir laufen bis zu einem hohen Stein, der sich als Picknickplatz hervorragend eignet. Tacos, Spinat, Würstchen, Wasser und Kaffee – was brauchen wir mehr. Es ist schön hier, eben fast wie daheim. Über den Bach gehen wir nicht zurück, aber wir finden schnell den Wanderweg und kommen gemütlich nach knapp 2 Stunden wieder dort an, wo wir den Wagen geparkt haben.

Jetzt wollen wir nach Kirkwood, einem Skigebiet in den Bergen. Martin will sich hier seinen Skipaß holen, den er per Internet bestellt hat. Kirkwood liegt etwa 2400 Meter noch und es ist richtig kalt hier. Das Resort liegt in einem Tal, umgeben von den Bergen und somit jetzt im Schatten; es ist absolut nichts los hier, aber für morgen ist schon Schnee angesagt und dann fängt auch hier die Saison an. Martin bekommt den Paß für einen Sonderpreis, denn er gilt nur von Montag bis Freitag, nicht aber am Wochenende; bei der Ausgabe wird per WebCam ein Foto gemacht und kurze Zeit später hält er uns seinen neuen Paß vor die Nase.

Über den knapp 8000 Fuß hohen Carson-Paß, der noch geöffnet hat, fahren wir auf der I-88 über Jackson durch immer flacher werdendes Farmland zurück nach Livermore. Nur einmal halten wir noch, um einen schnellen Kaffee zu holen und ein andermal, um am Straßenrand frisches Gemüse und Obst einzukaufen. Ich werde langsam müde und traurig, denn morgen Mittag schon geht mein Flieger zurück nach Frankfurt. Eine wunderschöne Reise neigt sich dem Ende zu. Ich denke an unsere Ankunft in San Francisco vor etwas über einer Woche, das Willkommen in Livermore bei Martin und Karleen, unseren Trip durch die Moja­ve-Wüste bis Las Vegas und klar: Las Vegas! Was für eine Stadt! Die Red Rocks, der Grand Canyon und natür­lich die letzten drei Tage zusammen mit Martin quer durch das Death Valley und all die schönen kleinen und großen Dinge, die wir gesehen und erlebt haben…
Der Abend in Livermore geht viel zu schnell vorbei. Martin backt eigenhändig noch einen Käsekuchen – puuh, mir fallen jetzt erst die Punkte wieder ein!! – und Karleen hat eine Pumpkinsuppe gekocht, sehr lecker!
Meine Tasche ist schnell gepackt und später gehe ich nochmal vor das Haus in der Chestnut-Street, rauche eine letzte Zigarette und lasse erneut die vergangenen 10 Tage an mir vorbeiziehen. Ich überlege ernsthaft, ob ich hier leben und arbeiten könnte: ja, ich glaube, das könnte ich mir vorstellen, aber noch spricht zuviel dagegen…

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